Hanna Ubbelohde war nicht nur die „Frau des Künstlers“, die ihren Mann zu Ausstellungen und Treffen begleitete, sie war selbst Künstlerin und Kunstsachverständige. Sie starb heute vor 70 Jahren
in Goßfelden, wo sie beinahe ein halbes Jahrhundert lebte.
Hanna Unger, wie sie mit Geburtsnamen hieß, wurde am 21. Februar 1873 geboren, sie war eine Cousine von Otto Ubbelohde (1867 - 1922) und lebte in Bremen. Mit ihrem späteren Ehemann traf sie
sich nicht nur bei Familienbesuchen, sondern auch während seiner Besuche in Worpswede bei den dortigen Künstlern der Malerkolonie.
Am 2. November 1897 heirateten Hanna und Otto Ubbelohde in Bremen und zogen – nach einer Hochzeitsreise nach Florenz - zunächst nach München, wo Otto Ubbelohde nach seiner Ausbildung noch wohnte.
Durch Besuche bei Ubbelohdes Eltern in Marburg lernte auch Hanna das Marburger Land kennen und lieben. So kam der Wunsch auf, sich in der Nähe von Marburg niederzulassen und ein Haus zu
bauen.
Durch Ausflüge im Lahntal lernten sie Goßfelden kennen. Sie hatten ihr Quartier in der dortigen Gastwirtschaft und unternahmen von hier Spaziergänge. Dabei haben sie wohl auch das Grundstück
entdeckt, das sie 1898 kauften und auf dem sie gemeinsam ein Atelierhaus errichteten. Zu Ostern 1900 zogen sie ein und wurden damit Bürger Goßfeldens.
Genau dies ist auch die Zeit, in der die Ubbelohdes als Künstlerehepaar bekannt wurden. Otto Ubbelohde, obwohl Mitarbeiter bei der Kunstzeitschrift "Jugend", die dem Kunststil dieser Zeit den
Namen gab ("Jugendstil") und einigen schon veröffentlichten Kunstmappen, hatte den Durchbruch als anerkannter Künstler noch nicht geschafft. Hanna Ubbelohde beschäftigte sich in ihrer Freizeit
mit Kunststickerei und verwendete dabei von ihrem Mann entworfene Motive.
Diese Zusammenarbeit brachte, dass die Ubbelohdes zu der "Ausstellung moderne Kunststickerei" 1900 in Darmstadt eingeladen wurden, um Teile ihrer Pflanzenstickereien, die mit "HOU" (= Hanna und
Otto Ubbelohde) signiert waren, zu zeigen. Damit wurde das Kunsthandwerk der Ubbelohdes früher überregional bekannt, als die Illustrationen von Otto Ubbelohde. Das war aber noch nicht der
Höhepunkt der Zusammenarbeit. Dieser sollte noch im gleichen Jahr folgen, nämlich zur Weltausstellung in Paris. Hier stellten sie einen mit Vogelmotiven dekorierten Wandschirm aus.
Weitere Arbeiten wurden leider nur noch für die eigene Wohnung gefertigt und entstanden zumeist im Atelier. Wenn Otto Ubbelohde an der Staffelei stand und malte oder am Schreibtisch saß und
zeichnete, dann saß Hanna mit im Raum und stickte oder knüpfte Teppiche oder war dabei, sich ein Kleid zu nähen. Sie nähte fast alle ihre Kleider selbst; das besondere Merkmal ihrer Kleider war
der eckige Ausschnitt.
Hanna Ubbelohde begleitete ihren Mann besonders gerne nach Willingshausen, um hier mit Carl Bantzer, Adolf Lins, Wilhelm Thielmann, Hermann Kätelhön und den weiteren dortigen Künstlern im
"Malerstübchen" zu plaudern oder gemeinsam die Kirmes zu besuchen.
Dabei lernte sie auch Alexandra Thielmann, die Ehefrau von Wilhelm Thielmann kennen. Otto und Hanna Ubbelohde wurden die Paten des Kindes der Eheleute Thielmann, nicht nur dadurch verband die
beiden Frauen eine jahrelange Freundschaft, auch über den Tod ihrer Männer in 1922 bzw. 1924 hinaus.
Da Otto und Hanna Ubbelohde keine Kinder hatten, es aber weitergehen musste mit einer Familie, dem Haus und dem Kunstbestand, adoptierte Hanna in 1926 den Archäologen Heinrich Doering. Dieser
hatte sich in der letzten Lebenszeit Otto Ubbelohdes rührend um den Kranken gekümmert und war ein Freund der Familie geworden. Heinrich Doering und Else Hettner, eine Nichte von Hanna, hatten
sich kennen und lieben gelernt; sie heirateten 1927 in Goßfelden und konnten später den Namen Ubbelohde-Doering annehmen. Zwei Kinder hatten sie, darunter die Tochter Brigitte, die noch heute im
Ubbelohde-Haus wohnt.
1932 – Otto Ubbelohde war schon 10 Jahre tot und Else mit Familie nach München gezogen – gab Hanna Ubbelohde dem 'Künstlerkollegen Dr. Franz Frank und seiner Familie in ihrem Haus die frei
gewordene Wohnung und damit auch die Möglichkeit im Haus weiter künstlerisch tätig zu sein. Die Familie Frank wohnte hier bis zum Umzug in 1954 nach Marburg.
Die von Otto Ubbelohde geschaffenen fast 450 Illustrationen zu den Märchen der Brüder Grimm schenkte Hanna Ubbelohde dem Landkreis Marburg, damit diese immer als Gesamtobjekt zusammenbleiben und
nicht einzeln veräußert werden. Sie hingen im Treppenhaus des Landratsamtes, zuerst die Originale, dann Kopien. Heute sind diese Zeichnungen als Dauerleihgabe der Otto-Ubbelohde-Stiftung
überlassen und können im Ubbelohde-Haus in Goßfelden angesehen werden. Allerdings können aus Platzgründen nicht alle zusammen ausgestellt sein, es erfolgt immer eine Ausstellung zu gewissen
Themen, bei denen etwa 30 Bilder gezeigt werden.
Hanna Ubbelohde erlitt zu Beginn des Jahres 1948 einen Schlaganfall. Sie wurde pflegebedürftig und starb am 25. Oktober 1948 in ihrem Haus. Sie wurde neben Ihrem Mann auf dem Friedhof in
Goßfelden beerdigt.